H. C. Strache profiliert sich als „Anti-Kreisky“

Am 22.Jänner gedenkt das offizielle Österreich des hundertsten Geburtstages Bruno Kreiskys. Schon im Vorfeld berichteten die Massenmedien von den Vorbereitungen zu den geplanten Feierlichkeiten, interviewten ehemalige Mitarbeiter und politische Konkurrenten, der „Kurier“ brachte eine Serie über den Altkanzler und die Zeitung „Österreich“ ließ Kreiskys ehemalige Sekretärin in Fortsetzungen unter dem Titel: „So war der Sonnenkönig wirklich“ zu Wort kommen.
Dass angesichts des traurigen Bildes, das unsere heutige Politkaste bietet, die Journalisten zu einer Idealisierung Kreiskys neigen, ist verständlich. Auch wenn seine Bilanz nicht nur positive Seiten aufzuweisen hatte – Stichwort: Zwentendorf, aber auch seine Wirtschafts- und Personalpolitik gelten als bescheiden - so muss auch von politisch Andersdenkenden zugestanden werden, dass Kreisky wie kein anderer Kanzler vor und nach ihm die österreichische Politik geprägt hatte.
Als Staatsmann genoss er weit über die Partei- und Staatsgrenzen hinaus Respekt und Anerkennung. Für die Rechte der deutschen Südtiroler setzte er sich im Rahmen des Möglichen ein und die unterdrückten Palästinenser fanden in ihm einen engagierten Anwalt ihrer Interessen.
Die versuchte Vereinnahmung Kreiskys durch H.C. Strache muss, trotz aller Sympathie und Wertschätzung für den freiheitlichen Parteichef, klar zurückgewiesen werden.
Kreiskys große Leidenschaft war die Außenpolitik, vor allem der Nahe Osten. Er wusste um die historischen Zusammenhänge und so war ihm auch klar, dass die Unterdrückung und Rechtlosigkeit der palästinensischen Bevölkerung das Grundübel in dieser konfliktbeladenen Region darstellt. Der Staat Israel, mitten in den islamisch-arabischen Raum eingepflanzt, musste an sich schon von jedem Muslim als Provokation empfunden werden. Über seine Legitimität in den Grenzen von 1948 ließe sich noch diskutieren, soll aber nicht Gegenstand dieser Ausführungen sein. Nicht diskutierbar dürften aber jene Gebiete sein, die Israel im Jahre 1967 erobert hatte und die nach wie vor völkerrechtlich als besetzte Gebiete gelten. Selbst die Israel-freundlichsten Staaten, einschließlich der Schutzmacht USA, sehen heute in der Schaffung eines Palästinenserstaates im Westjordanland die vernünftigste Lösung. Israel legt sich quer und spielt auf Zeit Neue jüdische Siedlungen entstehen in den besetzten Gebieten. Unausgesprochenes, aber klar erkennbares Ziel Israels ist die jüdische Besiedlung und endgültige Einverleibung des Westjordanlandes, das heißt Imperialismus in Reinkultur und Missachtung des Selbstbestimmungsrechtes der Palästinenser!
Und H.C.Strache gibt also jetzt den Außenpolitiker, der sich in der Tradition Bruno Kreiskys sieht. Seine 100-Stunden-Reise nach Israel hatte für ein „Knalleffekterl“ gesorgt und tatsächlich einigen Staub aufgewirbelt. Der Chef einer - angeblich - “rechtsradikalen und antisemitischen Partei“ reiste in den Judenstaat. Und das nicht zum ersten Mal, wie er stolz betonte. Zustimmung und Ablehnung dazu ziehen sich durch alle politischen Lager. Strache, ist ein ehrgeiziger Politiker, der das Bundeskanzleramt, das seinem Mentor und Vorbild Jörg Haider zu erreichen nicht vergönnt war, anstrebt und daher schon im Vorfeld bestrebt ist, Stolpersteine aus dem Weg zu räumen. Zu gut sind noch die Sanktionen gegen Österreich wegen der Bildung der schwarz-blauen Regierung in Erinnerung, als die FPÖ europaweit als nicht regierungsfähig, weil antisemitisch und fremdenfeindlich, galt. Strache begab sich also in Begleitung dreier Parteifunktionäre und einiger europäischer Rechtspolitiker nach Israel, in die Höhle des Löwen, um einen potentiellen Gegner seiner Pläne zu neutralisieren. Dass für ausländische Politiker ein Besuch von Yad Vashem zum Pflicht-Programm gehört, ist bekannt. Das allein ist noch nicht tadelnswert, obwohl Pilgerreisen nach Israel zur Erlangung eines „Persilscheines“ für europäische Rechtsparteien nicht mehr erforderlich sind. Kluge Juden haben schon längst erkannt, dass ihnen in Europa von nationalen Gruppierungen keinerlei Gefahr (mehr) droht, sondern, wenn überhaupt, nur noch von fanatischen Muslimen. Und nach wie vor gilt der Satz „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“.
Nicht die Reise nach Israel kann ‚Strache zum Vorwurf gemacht werden, wohl aber sein Besuch der jüdischen Siedler im besetzten Westjordanland, womit er sich eindeutig auf die Seite der Unterdrücker gestellt hat.
Die euphorischen Äußerungen der Delegationsmitglieder gipfelten in Straches unglaublicher Entgleisung „Unser Herz ist mit Euch“. Es ist zu befürchten, dass Lorenz Jäger in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 13. 12. 2010 mit seiner Analyse recht behält: „Die Reise nach Israel ist ein strategischer, kein taktischer Schachzug der Euro-Rechten; sie ist die Fortsetzung des Kampfes gegen die Moscheen mit anderen Mitteln. Nach der schlichten Maxime: der Feind meines Feindes ist mein Freund.“
Dabei handelst es sich hier um eine völlig falsche Strategie, um eine falsche Partnerwahl. Die uns drohende Islamisierung mit dem Freiheitskampf der Palästinenser gleichzusetzen heißt Äpfel mit Birnen zu vergleichen. So wie wir im deutschen Raum gegen die Landnahme durch Fremde – und das sind nicht nur, was gerne übersehen wird, Muslime - kämpfen, so kämpfen im Westjordanland die Palästinenser gegen den Landraub durch Israelis.
Mit seiner Unterstützung der israelischen Landräuber hat sich der FP-Führer gegen das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ entschieden, während Kreisky in seiner Nahost-Politik die Selbstbestimmung der Palästinenser im Auge hatte. Wenn Strache mit Kreisky als Außenpolitiker verglichen werden will, dann gebührt ihm der Titel „Antikreisky“.

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