Eurokrise: Tschechien stellt Eurobeitritt infrage

Die Euro-Krise hat mittlerweile ein derartiges Ausmaß erreicht, dass die Skepsis über die Zukunft der Gemeinschaftswährung nicht nur im “gemeinen“ Euro-Volk grassiert, sondern bereits höchste Regierungsstellen erfasst. Allerdings nicht in den -noch-zahlungskräftigen Staaten, wie Deutschland und Österreich, wo sich die Verantwortlichen förmlich darum drängen, weiter auf Kosten der eigenen Bevölkerung gutes Geld schlechtem nachzuwerfen, sondern in den ehemaligen kommunistischen Staaten Ostmitteleuropas. Dazu schrieb die bekannt EU- und Euro-freundliche „Die Presse“ vom 29. 08. 2011:
„Aus den osteuropäischen EU-Ländern kommt jetzt heftige Kritik an der mangelnden Lösungskompetenz der Eurogruppe. Polen befürchtet "kontrollierte Auflösung".
Die „neuen“ EU-Mitglieder aus Osteuropa gehen in der Eurokrise auf massiven Konfrontationskurs mit Deutschland und Frankreich: Der tschechische Premier, Petr Ne?as, stellte am Montag den vertraglich bereits vereinbarten Beitritt seines Landes zum Euro infrage, der slowakische Parlamentspräsident, Richard Sulík, kündigte eine Ablehnung der beschlossenen Aufstockung des Euro-Rettungsschirms ESFS auf 780 Mrd. Euro an, und der polnische Finanzminister, Jacek Rostowski, sprach sich für eine „kontrollierte Auflösung der Eurozone“ für den Fall aus, dass Deutschland und andere führende Euroländer die Krise nicht entschlossener bekämpften.
Wirkliche Freunde hat die Europawährung nur noch im Baltikum: Lettland und Litauen bekräftigten am Wochenende, sie wollten den Euro bis 2014 bzw. 2015 einführen. Denn die Probleme in der Eurozone seien eben nur Probleme, aber keine Krise, wie der lettische Premier, Valdis Dombrovskis, sagte.
Starker Tobak kam am Montag jedenfalls aus Prag: Premier Petr Ne?as sagte bei der Jahresversammlung der tschechischen Botschafter, die Eurozone sei nicht mehr das, was sie gewesen sei, als Tschechien den EU-Beitragsvertrag unterzeichnete. Der Beitrittsvertrag sieht verpflichtend die Einführung der Gemeinschaftswährung vor.
Ne?as meinte, sein Land sei mit dem Beitritt zu einer Währungsunion einverstanden gewesen, nicht jedoch mit einem Beitritt zu einer „Transfer und Schuldenunion“. Als Ankündigung eines „Ausstiegs“ wollte der tschechische Premier seine Aussage allerdings nicht verstanden wissen: Die Position seines Landes sei a priori weder Skepsis noch die These, dass es besser sei, dabei zu sein, „ohne zu wissen, was daraus eigentlich wird“. Von der EU verlangt Ne?as freilich „entweder einen schnellen Rückschritt oder einen schnellen Schritt nach vorne in die Wirtschaftsintegration“.
Das derzeitige „Auf-der-Stelle-Treten“ der EU und deren „Suche nach kurzfristigen Lösungen in Form von Rettungspaketen, die die Probleme nur verschieben und gleichzeitig deren Kosten immer weiter erhöhen“, sei unakzeptabel. Starker Gegenwind gegen die Krisenbewältigung per Rettungspaketen kam am Wochenende auch aus der Slowakei. Parlamentspräsident Richard Sulík sagte in einem Interview mit der deutschen Tageszeitung „Die Welt“, er werde alles tun, um die Aufstockung des Euro-Rettungsschirms auf 780 Mrd. Euro zu Fall zu bringen. Seine „Partei der Freiheit und Solidarität“ werde jedenfalls mit Nein stimmen. Sulíks Partei ist an der Regierung beteiligt. Sollte sie ihre Drohung wahrmachen, müsste die Regierung bei der Opposition um Unterstützung werben. Die Aufstockung des Rettungsschirms und die Ausweitung der Befugnisse dieser Organisation müssen jedenfalls von den Parlamenten aller 17 Euroländer abgesegnet werden.

Sulík bekrittelte, dass jetzt „alle, die gut wirtschaften“, für jene zahlen sollen, die Schulden machen. Das, so Sulík, „war nie der Sinn des Europrojekts.“
Hart ins Gericht mit dem Eurozonen-Krisenmanagement geht auch der polnische Finanzminister, Jacek Rostowski. „Die europäischen Eliten, darunter die deutschen, müssen entscheiden, ob sie wollen, dass der Euro auch zu einem höheren Preis fortbesteht – oder nicht.“ Wenn die Antwort „Nicht“ laute, dann „müssen wir uns auf eine kontrollierte Auflösung der Eurozone vorbereiten mit all ihren Konsequenzen“, meinte der Finanzminister des Landes, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Nachsatz: „Diejenigen, die das nicht verstehen, spielen mit dem Feuer.“
Die Zustimmung zum neuen Rettungsschirm wackelt auch in Finnland: Helsinki macht das jetzt davon abhängig, dass Griechenland als Pfand Staatsbesitz an eine Holding in Luxemburg überträgt.“